Fokusgruppe "Wissen"

Die Fokusgruppe "Wissen" erforscht sowohl die Etablierung, Aufrechterhaltung, Bewahrung, als auch die Artikulierungsprozesse und den Transfer von religiösen Ideen. Da Wissen sich auf verschiedenen Ebenen manifestiert, untersucht die Fokusgruppe ein breites Spektrum von Materialien und Formen, so z. B. religiöse Sprechakte, Darstellungen religiöser Praxis sowie religiöse Doktrinen.

Die Fokusgruppe behandelt daher vor allem das Phänomen der Sprache in der Religionsforschung. Sie untersucht die Konzepte und die Rhetorik, die Semantik und Pragmatik religiöser Sprache. Insbesondere die Rolle der Begriffe für die Untersuchung religiöser Phänomen ist ein Schwerpunkt ihrer Tätigkeit, und zwar hinsichtlich der grundlegenden Unterscheidung von (religiöser) Objektsprache und (deskriptiver und analytischer) Metasprache. Zunächst befaßt sich die Fokusgruppe also mit der Emergenz, der interkulturellen Diffusion und der reflektierenden Analyse religiöser Begriffe und religiöser Sprache, die zusammen die Sphäre religiösen Wissens konstituieren.

In der Religionsforschung begegnen Begriffe auf zwei hauptsächlichen sprachlichen Ebenen, als da sind

  1. auf der einen Seite die Wortwahl der jeweiligen religiösen Tradition selbst (Objektsprache)
  2. auf der anderen Seite die Analyse religiöser Phänomene und ihre Beschreibung in wissenschaftlicher Metasprache.

Um einseitige Zugriffe, so zum Beispiel die einfache Paraphrase der religiösen Objektsprache (Theologismus) oder einen sterilen Szientismus zu vermeiden,  ist es von entscheidender Bedeutung, in der wissenschaftlichen Forschung den Unterschied von Objekt- und Metasprache nicht zu vernachlässigen. Um dieser Herausforderung zu begegnen, untersucht das KHK historische Beschreibungen religiöser Prozesse (religiösen Wissens) durch religiöse Individuen selbst. Dies schließt gelehrte Reflexion als ein besonders anschauliches Beispiel dieses Prozesses ausdrücklich ein.

Die Emergenz metasprachlicher Konzepte oder Begriffe auf objektsprachlicher Stufe zeigt die Entstehung und Verdichtung eines religiösen (Selbst-)Bewußtseins im Bereich der Objektsprache. Dieser Prozess kann als Anfangspunkt für die Erarbeitung einer vom Material, d.h. der jeweiligen Objektsprache, ausgehenden Metasprache genutzt werden.

Angeleitet werden solche reflexiven Prozesse durch Kontaktsituationen. Wenn religiöse Traditionen von außen herausgefordert werden, untersuchen und konzeptualisieren sie sich selbst (und den herausfordernden Anderen). Sie entwickeln religiöses Wissen. Diese Kontaktsituationen, welche konzeptuelle Reflexionen stimulieren, sind vielfältiger Natur: Übersetzungsunternehmungen einzelner Individuen ebenso wie persönliche Begegnungen von Händlern oder offizielle Treffen von Repräsentanten. Religiöse Begriffe, die religiöses Wissen manifestieren, sollte also in mehrfacher Hinsicht auf verschiedenen Stufen als relationale Begriffe untersucht werden; sie stabilisieren und dynamisieren sich

  1. durch Kontaktsituationen
  2. indem sie Objekt- und Metasprache zueinander in Beziehung setzen,
  3. aber auch indem sie ihr deskriptives Potential in historisch veränderlichen Binärcodes entfalten (z.B. Gläubiger-Ungläubiger, Himmel-Hölle, Transzendenz-Immanenz).

Es ist unser Ziel, diese Arten der Begriffsentwicklung zum Zwecke der Erarbeitung einer brauchbaren und angemessenen Metasprache als einem verläßlichen Instrument wissenschaftlicher Forschung zu untersuchen. Der Ansatz kombiniert eine empirisch-phänomenologische, eine (begriffs-)historische und eine systematische Perspektive, um eine verantwortliche relationale Metasprache zu entwickeln.

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Prof. Dr. Kianoosh Rezania

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