Themenfeld "Begriffe"
Das Themenfeld 3 untersuchte religiöse Grundbegriffe und insbesondere den Religionsbegriff selbst. Dabei ging es einerseits um die historische Aufarbeitung der Genese religiöser Grundbegriffe in den beteiligten Ländern und ihres Transfers zwischen den Kulturen, andererseits um die systematische Rekonstruktion ihres diachron und synchron unterschiedlichen konzeptionellen Gehalts.
Religionsbegriff
Entstehungskontexte des Kollektivsingulars "Religion" standen in den ersten drei Jahren im Zentrum der Diskussionen. Insbesondere konnte die These verfestigt werden, dass der Religionsbegriff selbst in seiner Verwendung durch die philologische, historische, philosophische und sozialwissenschaftliche Religionsforschung eine neuzeitliche Schöpfung zunächst der europäischen Geistesgeschichte ist.
Transzendenz & Immanenz
Um Religion als ein multikonzeptionelles Diskursfeld beschreiben zu können, das sich aus der Perspektive unterschiedlicher Begriffe je unterschiedlich darstellt, konzentrierte sich die Arbeit des Themenfelds seit April 2011 auf zusätzliche Forschungsfelder: das Konzept der "Transzendenz", das Problem der "religiösen Sprache", die Genese des Religionsbegriffs in der europäischen Vormoderne und die Rolle der Religionskritik bei der Begriffsbildung in der europäischen Moderne.
Insbesondere die Unterscheidung von Transzendenz und Immanenz eröffnete ein neues begriffsgeschichtliches Untersuchungsfeld, das bislang nur im ostasiatischen Raum näher erforscht werden konnte. Die Ergebnisse sind für die systematische Entfaltung des Religionskonzepts besonders deshalb wichtig, weil die Unterscheidung von Transzendenz und Immanenz heute das vermutlich am häufigsten referierte Kriterium für das Vorliegen einer Religion darstellt.
Mission & religiöse Sprache
In diesem zusammen mit Themenfeld 4 durchgeführten Arbeitsschwerpunkt wurde der semantische Wandel von Religionen, insbesondere des Christentums unter dem Einfluss von Missionen untersucht: In den als "Kontaktzonen" verstandenen Missionsgebieten wurden Religionen neu lesbar, sowohl im Sinne der Übersetzung der "fremden" in die eigene Religion als auch im Sinne eines gewandelten religiösen Selbstverständnisses.
Religiöse Sprachen
Ein weiterer Arbeitsschwerpunkt lag auf der vergleichenden Analyse religiöser Sprachen in verschiedenen Kulturkreisen: Gibt es religiöse Sprachen überhaupt, die sich von nicht-religiösen Sprachen unterscheiden lassen? Wie lassen sie sich semantisch, pragmatisch, formal beschreiben? Lässt sich von der Definition religiöser Sprachen aus ein allgemeiner Religionsbegriff ableiten?
Ausgewählte Literatur
- Eggert, Marion, and Lucian Hölscher, eds. Religion and Secularity. Transformations and Transfers of Religious Discourses in Europe and Asia. Dynamics in the History of Religions 4.Leiden: Brill, forthcoming.
- Hölscher, Lucian. "Contradictory Concepts. An Essay on the Semantic Structure of Religious Discourses. Religiöse Begriffe im Widerspruch. Ein Versuch zur semantischen Struktur religiöser Sprache." Entangled Religions 1 (2013).
- Krämer, Hans Martin, ed. Defining Religion, Defining Heresy in Modern East Asia. Bochumer Jahrbuch für Ostasienforschung 33. München: Iudicium, 2009.
- Krämer, Hans Martin, Jenny Oesterle, Ulrike Vordermark, eds. "Labeling the Religious Self and Others: Reciprocal Perceptions of Christians, Muslims, Hindus, Buddhists, and Confucians in Medieval and Early Modern Times." Special issue, Comparativ. Zeitschrift für Globalgeschichte und vergleichende Gesellschaftsforschung 20, no. 4 (2010).
- Krech, Volkhard. "Religion als Kommunikation." In Religionswissenschaft, edited by Michael Stausberg, 49-63. Berlin: De Gruyter, 2012.
- Tarantino, Giovanni. Republicanism, Sinophilia, and Historical Writing. Thomas Gordon (c. 1691-1750) and his 'History of England.' Turnhout: Brepols, 2012.