Una sit religio

Die philosophische Forderung nach dem Kollektivsingular Religion bei Lull, Cusanus, Spinoza, Hamann und Herder

Aufgabe des Projektes ist eine phänomenologische Deskription eines Grundbegriffes abendländischer Argumentationsstrategien in der intellektuellen Auseinandersetzung mit anderen religiösen Traditionen. Es nimmt seinen Ausgang von einer Analyse der einschlägigen Texte einer bestimmten Traditionslinie, die den Begriff der Religion mit dem metaphysischen Denken der Einheit verbindet. Autoren dieser Linie sind Raimundus Lullus, Nikolaus von Kues, Spinoza, Johann Georg Hamann und Johann Gottfried Herder. Gemeinsam ist den Autoren ihre Reaktion auf eine besondere Krisensituation, welche religiös bestimmbar ist und als religiöse Frage analysiert wurde. Es wird ein Strang der Geistesgeschichte beschreiben, der eine metaphysisch-phänomenologische Position etabliert, welche in die Semantik des modernen Kollektivsingulars Religion eingegangen ist. In methodischer Hinsicht muß dabei sowohl textexegetisch als auch diskursanalytisch unter ausdrücklicher Einbeziehung des krisenhaften historischen Ereignisses vorgegangen werden, um so eine Systematik zu erarbeiten, die sich auf spätere und aktuelle Formen der religionswissenschaftlichen Methodik wie der Gestaltung von Religionsgesprächen anwenden läßt. Zur Herausbildung des Kollektivsingulars "Religion" bedarf es einer rechtfertigenden jedoch nicht begründenden Metaphysik. Die Wissenschaft der Religion ist somit zu wesentlichen Teilen Phänomenologie metaphysischer Begriffe. Das Projekt einer Phänomenologie der Religion soll in modifizierter Weise wieder aufgegriffen werden, und zwar im Sinne einer Phänomenologie des Kollektivsingulars Religion. Dieser ist eine phänomenologische Konstruktion der am Dialog interessierten Intellektuellen, deshalb aber keine Fiktion. Der Phänomenologe gibt dem Phänomen eine funktionale Gestalt. Diese Funktion ist Gegenstand der Logik, des logos der Phänomenologie.

 

Die Explikation des Religionsbegriffs bei den behandelten Autoren kann über einen bisher eher vernachlässigten wichtigen Entstehungskontext des heutigen Sprechens mit und über religiöse Grundbegriffe aufklären. Der Kollektivsingular ist nicht allein Ergebnis von Aufklärung und Idealismus, sondern wurzelt ebenso und schon früher in einem auf konkrete Krisen reagierenden Einheitsdenken. Die nachdrückliche Bezugnahme der Autoren aufeinander kann dabei diesen Kontext in besonderer Weise hervorheben. Die neuzeitliche religiöse Semantik erscheint hier als geprägt von einer grundlegenden metaphysischen Voraussetzung, die jedoch nicht streng determiniert, sondern den religiösen Diskurs öffnet für mögliche Übersetzungen. Für eine verständigungsorientierte Hermeneutik, die einen Beitrag liefert zu einer Kultur wechselseitiger Anerkennung, scheint diese Traditionslinie Wesentliches beitragen können. Erst mit der Etablierung des Kollektivsingulars ist der Gedanke einer allgemeinen Verständigung aussagbar. Der allgemeine Begriff schafft die Basis für das plangeleitete Wirken der Religion. Die Vereinheitlichung schließt die Welt ein und macht das Religiöse zur Basis. Erst wenn es die Religion gibt, kann Religion weltumfassenden Einfluß haben. Die Aufgabe des Kollektivsingulars ist der Hinweis auf eine kommunikationsfähige Einheit als Basis der Begegnung. Erst die Einheit der Religion trägt die Begegnung der Religionen. Der hier etablierte Religionsbegriff leistet als Einheit anzeigender die Möglichkeit der Übersetzung. In dieser Eröffnung der Übersetzungen liegt ihre spezifische, zukunftsweisende Dynamik. Es gilt, die Gefahr, aber auch vor allem die Chance darzustellen.

Beteiligte Personen

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Prof. Dr. Volkhard Krech

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PD Dr. Knut Martin Stünkel

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