Studien zur interreligiösen und interkulturellen Genese der Sunna

Reinheit und Gebet

Die leitende Hypothese, von der das Projekt zur Interkulturalität der Sunna ausgehen soll, nimmt ebenfalls eine bereits der Entstehung des Islam vorausgehende "Kontamination" und Verflochtenheit spätantiker religiöser Praxis im Nahen Osten an, die den Islam sozusagen "überdeterminierte". Die vielseitige "Erkennbarkeit" der frühislamischen religiösen Normen und Praktiken stellte womöglich einen wesentlichen Faktor des Erfolges dar, der vielen Zeitgenossen gerade angesichts der spektakulären politischen und militärischen Erfolge die Identifikation mit dem Islam als neuer und zugleich alter Religion erleichterte. Nur so scheint es erklärbar, dass die Abfolge der Gebetsrituale beachtliche Parallelen zu dem bietet, was schon Cassian (gest. 435) über den Gottesdienst der Mönche in der ägyptischen Wüste berichtet, und ebenso noch zu der Beschreibung des manichäischen Gebetes durch Ibn an-Nadim (gest. 995). Auch ältere erfolgreiche spätantike Religionen im Nahen Osten wie der Manichäismus fallen bereits durch die vielfältige Anschlußfähigkeit und Wandelbarkeit ihrer Lehren und Darstellungsformen auf (hierzu z.B. C. Colpe).

Diese Hypothese soll anhand der Hadith-Überlieferungen zu den Normen von Reinheit, Waschung und Gebet überprüft, und die Überlieferung selbst auf die Identifikationsmöglichkeit früher Entwicklungen der Gebets- und Reinheitspraktiken und ihrer Normierung hin untersucht werden. So bleibt es zu prüfen, die Einheitlichkeit des Gebetes erst durch die Bestrebungen der umayyadischen Kalifen zustande kam (wie etwa von K. Lech für das Ramadan-Fasten herausgestellt), oder ob sich frühe gemeindliche Autoritätszentren (z.B. Mekka und Medina, aber auch Damaskus, Basra, Kufa) identifizieren lassen, von denen die Normierung ausging. Damit lassen sich womöglich auch die interreligiösen Bezüge weiter erhellen. Neuere Untersuchungen zum Vergleich jüdischer und islamischer Reinheitsnormen (Katz, Maghen) lassen die eigenständige Verarbeitung jüdischer Halakha in der frühislamischen Pflichtenlehre bereits deutlicher werden. Hierzu soll ein möglichst breites Spektrum der Prophetentraditionen, auch außerhalb der kanonischen Werke, herangezogen und analysiert werden.

Beteiligte Personen

SR

Prof. Dr. Stefan Reichmuth

Projektleitung

Universitätsstr. 150
44801  Bochum
Büro GB 2/38
+49 234 32-25125
stefan.reichmuth@rub.de
KM

Katarzyna Aleksandra Meyer-Hubbert

Kooperationspartner

Büro GB 2/136
+49 234 32-25121
katarzyna.meyer-hubbert@rub.de