Bericht: KHK Panel "Buddhism in Motion - Encounters in Early Religious Networks" (März 2012, Tel Aviv)
Acht Kollegen der Buddhist Studies Group des Bochumer Käte Hamburger Kollegs „Dynamics in the History of Religions" haben am 22./23. Mai 2012 mit den zwei in enger thematischer Verbindung stehenden Panels zu „Buddhism in Motion – Encounters in Early Religious Networks" an der diesjährigen „11th Conference of Asian Studies" in Tel Aviv (Israel) teilgenommen. Bei den angereisten Forscherinnen und Forschern der Buddhist Studies Group handelte es sich namentlich um:
Panel I: Sven Wortmann, Jason Neelis, Christoph Anderl und Jessie Pons;
Panel II: Carmen Meinert, Licia Di Giacinto, Sven Bretfeld und Lucia Dolce.
Thematische Schwerpunkte
Mit dem Titel „Buddhism in Motion" konzentrierten sich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer dabei nicht auf einen kontingenten Aspekt des Buddhismus in seiner zeitlichen und räumlichen Entwicklung, sondern bezogen sich auf den Begriff „motion" als einem unter Einbezug von Forschungsparadigmen wie kulturelle Dynamiken und Polyphony als konstituiv geltenden Element für die Unterscheidung des Buddhismus als analytischer Kategorie. Insbesondere wurde damit dem Problem des Buddhismus im dynamischen Transfer, welcher erst durch Kontakt relational entsteht, besondere Beachtung geschenkt.
Um aus einer globalen Perspektive heraus lokale Buddhismen als integrative Elemente (sowohl im Sinne von „emplacements" als auch von „constituents") translokaler und -temporaler Strukturen und Prozesse analysieren und verstehen zu können, hat sich die Buddhist Studies Group für ein Netzwerk-Modell entschieden, das sich für eine adäquate Auseinandersetzung mit diesem Beispiel relationaler Emergenz anbietet.
Die Vorträge
Vor allem die „emplacements of Buddhism" fanden in jedem der acht Vorträge der zwei Panels in Form von „hubs" und „nodes" („Knotenpunkten") ihren Widerhall, also in Knotenpunkte, die in von einander abhängiger Wechselwirkung ein translokales Netzwerk konstituieren – eines, welches wiederum mit dem Kollektivsingular „Buddhismus" bezeichnet werden kann. Ferner wurden alle acht Beiträge durch eine Meta-Narration miteinander verknüpft, um durch acht Fallbeispiele mit besonderem Fokus auf eine jeweils bestimmte Zeit und einen bestimmten Ort die Verbreitung des Buddhismus in Asien zu analysieren.
1. Entstehen des Buddhismus und Formation eines Netzwerks
Sven Wortmanns Vortrag über „Mobility of Religions during the Formation Phase of Indian Buddhism" setzte sich aufgrund der Auswertung überlieferter Glaubenslehren und archäologischer Funde mit der Frage auseinander, ob Buddhisten während der Formationsphase des indischen Buddhismus mobiler waren als beispielsweise Jainas oder Brahmanen.
Jason Neelis führte diesen thematischen Strang fort, indem er innerhalb seines Beitrages „Patterns of Buddhist Mobility between South Asia and Central Asia" erörterte, wie sich buddhistische Netzwerke entlang von Handelsrouten zwischen Süd- und Zentralasien etablierten, die ihrerseits sowohl die Übertragung buddhistischer Strömungen über weite räumliche Distanzen („long-distance transmission") und über kulturelle Grenzen hinaus also auch die Verbreitung durch Kontakt („contact diffusion") durch entstehende Knotenpunkte ermöglichten.
2. Bewegung des Buddhismus zwischen Knotenpunkten
Das Thema der Bewegung buddhistischer Trends zwischen Knotenpunkten wurde von Christoph Anderl und Jessie Pons am Beispiel buddhistischer Narrative veranschaulicht.
Christoph Anderl untersuchte in seinem Vortrag „Buddhist Narratives: Aspects of Transfer and Distribution", wie einerseits schwache Grenzen („soft boundaries") buddhistischer Erzählungen ihre räumliche Ausbreitung ermöglichen, während durch Lokalisation eines Narratives starke Grenzen („hard boundaries") etabliert und lokale Versionen angeeignet werden.
Jessie Pons veranschaulichte diesen Gedankengang innerhalb ihrer Präsentation „The Vessantara Jātaka. A Buddhist Narrative in Motion". Sie zeigte, wie eine spezifische Erzählung, das Vessantara Jātaka, zwei unterschiedliche lokale Ausformulierungen fand, nämlich in einer Pāli-Version aus dem 1. Jahrhundert in Indien und einer sogdischen Version aus dem 7./8. Jahrhundert in der zentralasiatischen Oase Dunhuang.
3. Transformation des Buddhismus an Knotenpunkten
Die Transformation des Buddhismus an verschiedenen Orten stand im Zentrum der Vorträge von Carmen Meinert und Licia Di Giacinto.
Carmen Meinert untersuchte innerhalb ihres Vortrages „Entangled in Local History: Diffusion of Tantric Buddhism in Eastern Central Asia", wie trotz sich wandelnder Herrschaftsverhältnisse die neuen tangutischen Herrscher im 11. Jahrhundert in Dunhuang eine einzigartige tantrisch-buddhistische Höhle schaffen konnten – eine Höhle, welche die bedeutende Rolle zentralasiatischer Völkerschaften im Kontext der Verbreitung des tantrischen Buddhismus in Zentralasien und Tibet dokumentiert.
Licia Di Giacinto erforschte in ihrem Vortrag „Dissecting China: Buddha and the Local Pantheons in the Early Medieval Era (100 – 300 AD)", inwieweit ein Lokalisationsansatz im Vergleich zum Sinisierungsparadigma oder narratologischen Ansätzen Erklärungshilfen bieten kann, um starke Variationen in der Struktur und der Zusammensetzung des Pantheons während der frühen Verbreitungsphase des Buddhismus in China zu erklären.
4. Reflektion zweiter Ordnung gegenüber Netzwerk
Innerhalb einer abschließenden Sektion diskutierten Sven Bretfeld und Lucia Dolce, ob und inwiefern Reflektionen zweiter Ordnung lokale Indentitäten in Bezug auf translokale Orientierungsmuster hin erzeugen.
Sven Bretfelds Vortrag „Theravāda Buddhism as an Emergent Product of Translocal Processes" thematisierte, wie durch die Interaktion mit der buddhistischen Welt Asiens Buddhisten in Sri Lanka eine Erzählung etablierten, die Sri Lanka innerhalb des Netzwerkes der bekannten buddhistischen Welt verortete und dadurch gleichermaßen sowohl das translokale buddhistische Netzwerk als auch das lokale buddhistische Feld transfomierten.
Lucia Dolce zeigte in dem abschließenden Vortrag „Strategies of Emplacement: The Buddhist Encounter with ‚Japan'", wie das japanische Territorium durch den Prozess des „emplacing Buddhism" nicht nur „mandalisiert" wurde, sondern auch wie dieser Prozess die Formierung einer nationalen japanischen Identität unterstützte.